Erlebnisbericht Bärenpfad und Wolfsroute – Finnland

Erlebnisbericht Bärenpfad und Wolfsroute – Finnland

„220 km entlang der finnisch-russischen Grenze“
Butzbacher Zeitung

(pf) Im doppelten Sinne Grenzerfahrungen sammelten kürzlich die beiden Kirch-Gönser Thomas Schicketanz und Christian „Jimmy“ Kaminski. In sechs Tagen bewältigten sie auf den karelischen Fernwanderwegen „Bärenpfad“ und „Wolfsroute“ zu Fuß 220 km entlang der finnisch-russischen Grenze. Dabei gingen die beiden auch an ihre körperlichen Grenzen. Mit zwanzig kg Gepäck auf den Rücken zwischen dreißig und vierzig km am Tag laufen, da blieben selbst bei den beiden erfahrenen Fernwanderern Blasen an den Füssen und Erschöpfungszustände nicht aus, schmerzte gerade an den letzten zwei Tagen der gesamte Körper doch sehr.

Karelien, das östliche Finnland entlang der russischen Grenze, ist seit Jahren ein ganz besonderer Anziehungspunkt für die beiden Kirch-Gönser. Hier haben sie schon so manchen Urlaub verbracht, sind viele Strecken gelaufen. Die urtümliche einsame Landschaft, geprägt von der letzten Eiszeit, mit ihren Birken, Schwarzerlen, Fichten sowie dem allgegenwärtigen Teppich aus Moosen und Flechten, hat die beiden in ihren Bann gezogen. Finnland, das Land der tausend Seen, und dort vor allem der wilde Osten Karelien, orientiert sich derzeit neu, sucht nach den Vorgaben der EU-Richtlinien über Umwelt- und Naturschutz nach Wegen zum Erhalt der gewachsenen Strukturen. Und mit seinem Nationalpark, den vielen sehr gut ausgeschilderten kürzeren und längeren Routen mit ihren vielen Schutzhütten, seinen gastfreundlichen Menschen, bietet Karelien gerade Wanderern mit Natur pur ein besonderes Erlebnis.

Obwohl Thomas Schicketanz und Christian Kaminski schon vielfach in Karelien unterwegs waren, konnten sie auch jetzt wieder neue Erfahrungen sammeln. Vom Städtchen Uimaharju ging es nach Norden, wo bei Teljo der so genannte Bärenpfad beginnt. Zum Auftakt standen für den ersten Tag nur sechsundzwanzig km und ein Besuch beim berühmten Bärenjäger Väino Heikkinen an. Heute schießt der Finne, in seinem Land schon einmal Mann des Jahres, keine Bären mehr, bewirtet nur noch Gäste und erzählt aus seinem erlebnisreichen Leben. In den nächsten Tagen ging es über Änäkäiisen Linja, der Kampflinie des finnisch-russischen Winterkrieges 1939, zum Rastplatz Neitikoski. Nach über einhundert km wurde dann vom Bärenpfad auf die Wolfsroute gewechselt, wo die beiden Wanderer sich ernsthaft überlegten, ob sie auf Grund der sich einstellenden körperlichen Probleme die Tour abbrechen sollten. Aber die atemberaubende Landschaft, nächtliches Wolfsheulen, Bärenspuren, rauschende Bäche, Blasensalbe und stärkende Müsliriegel ließen sie immer vorwärts gehen, bis dann endlich nach sechs entbehrungsreichen Tagen die zweihundertzwanzig km geschafft und Möhkö an der finnisch-russischen Grenze erreicht ist.

Mit ihrer rekordverdächtigen Karelien-Tour haben Thomas Schicketanz und Christian Kaminski weitere Erfahrungen für die von ihnen vertretene Reiseform des nachhaltigen Tourismus gesammelt, die sie über ihre kürzlich gegründete Firma Hike and See an andere Menschen mit von ihnen geführten Wildnistouren und Outdoorevents weitergeben möchten. Sie bieten bis zu drei Touren pro Jahr in Karelien an, dazu Wanderungen in der heimischen Region wie zum Beispiel entlang des Limes, rund um den Hausberg mit dem Nassen Fleck und zum Pfadfinderzentrum im ehemaligen Warnamt Bodenrod. Die beiden Kirch-Gönser können neben ihren jahrelangen Erfahrungen auch eine ordentliche Wildnisführerausbildung vorweisen. Auf ihren Touren haben die Teilnehmer Gelegenheit, grundlegende Kenntnisse zu erwerben. Dazu gehören der Umgang mit Karte, Kompass und GPS, Entzünden eines Kaffeefeuers und Fischen mit einfachsten Mitteln. Bei dosierter körperlicher Belastung soll durch das Einwirken der einzigartigen Naturlandschaften eine psychische Entspannung erreicht werden. Also keine Gewalttouren wie die jetzt von ihnen selbst erprobte. Welche Touren angeboten werden und welche Philosophie hinter ihrer Firma steht, kann man auf dem Internetauftritt (www.hikeandsee.de) erfahren. Auf der Messe „Skandinavientage“ in Essen am 1./2. Dezember sind die beiden Jungunternehmer mit einem Stand vertreten.